Die unsichtbaren Wächter
Leipzig/Berlin [ENA] Gefangen im digitalen Netz: Wie unsere täglichen Entscheidungen überwacht und gespeichert werden. Die unsichtbaren Wächter lassen digitale Spuren nicht verblassen . Es gibt Tage, die unbekannt beginnen und voller Schatten enden. Dieser Tag, von dem ich hier berichte, war einer dieser Art
Mein Weg führte an jenem Morgen zu der Filiale eines großen Computerherstellers. Die Sonne schien und der Verkehr auf der Autobahn floss gleichmäßig. Doch etwas irritierte mich – die Vielzahl der Kameras, die mich auf meinem Weg begleiteten. Es war, als würden sie jeden meiner Schritte akribisch beobachten. Ich versuchte, den Gedanken zu verdrängen, doch das flaue Gefühl blieb.
Am Ziel angekommen, führte mein Weg ins Parkhaus. Doch bevor ich überhaupt einen Parkplatz belegen konnte, wurde ich mit einer Wahl konfrontiert, die keine echte Wahl war: Mein Kennzeichen sollte gescannt werden, um die Schranke zu öffnen. Ein kleiner Hinweis darauf, kaum größer als ein Post-it, befand sich neben der Anforderungstaste für den Parkschein. Keine Möglichkeit, zurückzusetzen oder die Einfahrt zu verweigern – hinter mir hatten sich bereits andere Autos aufgereiht. Die Entscheidung wurde mir abgenommen.
Im Einkaufszentrum setzte sich das beklemmende Gefühl fort. Überall, wohin ich auch blickte, waren Kameras installiert. Sie erfassten meine Bewegungen, verfolgten meinen Weg durch die Gänge und registrierten jedes Detail meines Aufenthalts. Ich versuchte, mich auf meinen Einkauf zu konzentrieren, aber die Gedanken an die allgegenwärtige Überwachung ließen mich nicht los.
Als ich endlich meinen neuen Computer in der Hand hielt, ging ich zum Parkautomaten, um die Parkgebühr zu begleichen. Doch hier wurde es genauso wenig eine problemlose Angelegenheit. Barzahlung? Fehlanzeige! Nur mit Kreditkarte durfte ich den fälligen Betrag entrichten. Als ich den Mitarbeiter fragte, was mit den Daten passiere, erklärte er mir, dass sowohl die Park- als auch die Zahlungsinformationen auf einem Server des Parkhausbetreibers gespeichert würden – so lange wie nötig, sagte er. Wie lange, konnte oder wollte er mir nicht sagen.
Als ich in mein Auto stieg und den Heimweg antrat, spürte ich die Unruhe in mir. Die Kameras, die Scanner, die Daten, die auf einem Server lagerten – all das hatte mich zutiefst nachdenklich gemacht. Jeder Schritt, jede Entscheidung, jede Bewegung war protokolliert worden, ohne dass ich es wollte. Ich fuhr nach Hause, aber der Gedanke an die digitale Spur, die ich hinterlassen hatte, ließ mich nicht los. In einer Welt, die immer stärker vernetzt und überwacht wird, gibt es kaum einen Ort, an dem man unbeobachtet ist.
Die Frage, die mich umtrieb, war: Wollen wir in einer Welt leben, in der jede unserer Entscheidungen gespeichert und analysiert wird? Und was bedeutet das für unsere Freiheit und Privatsphäre? Dieser Tag hatte mir gezeigt, dass die Überwachung längst nicht mehr nur in dystopischen Romanen existiert. Sie ist Teil unseres Alltags geworden – und wir alle hinterlassen digitale Spuren, die uns für immer begleiten. Nur die Spuren im Sand verweht mit der Zeit der Wind.